Ein Beitrag von
Thomas Birus
Dipl.-Ing. Lebensmitteltechnologie
Durch die Wärmekonservierung wird in der Getränketechnologie die Haltbarkeit von Getränken verlängert. Worauf kommt es bei der thermischen Haltbarmachung von Getränken und Liquid Food an? Der Artikel gibt einen Überblick über Faktoren, die das Ergebnis des Prozesses entscheidend beeinflussen.
Veröffentlicht am 12/02/2025
Ein Beitrag von
Thomas Birus
Dipl.-Ing. Lebensmitteltechnologie
Die folgenden Ausführungen gelten für Nasskonserven, also Lebensmittel mit einem aw-Wert von über 0,95. Das hat zunächst wenig mit der Konservendose zu tun, der Füllbehälter kann beliebig gestaltet sein. Das ist bei Getränken der Fall.
Die Ziele der Haltbarmachung sind vielfältig und führen zur:
Wichtig ist die Tatsache, dass die Leichen der MO und die vorher entstandenen unangenehmen Stoffwechselprodukte in den Lebensmitteln verbleiben.
Zur Messung des Abtötungserfolges orientiert man sich am für Produktgruppen typischen Leitkeim. Ist dieser ausreichend abgetötet, dann sind es alle anderen unerwünschten MO ebenfalls. Für Apfelsaft beispielsweise ist es die Hefe.
Grundsätzlich ist es das Ziel, ein biologisch, physikalisch und chemisch sicheres Getränk zu produzieren, zu verpacken und dem Konsumenten am point of sale zur Verfügung zu stellen. Zudem will man die sensorischen. Eigenschaften und ernährungsphysiologisch wichtige Inhaltsstoffe der Lebensmittel (Vitamine, sekundäre Pflanzenstoffe) soweit wie möglich erhalten.
Man unterscheidet vegetative MO und Sporen, die von Schimmelpilzen und Bakterien (z.B. Clostridien und Bazillus) bei ungünstigen Lebensumständen gebildet werden.
Sollen Konserven hergestellt werden, die ohne Kühlung lagerfähig sind, so müssen diese Sporen zuverlässig abgetötet werden, da unter ihnen gefährliche Toxinbildner (Clostridium botulinus, Bacillus cereus) und Verderbniserreger (Clostridium sporogenes) zu finden sind.
Daraus ergeben sich bereits einige Folgerungen. Zum einen bestimmt das Produkt mit seinen Eigenschaften die Erhitzungsbedingungen. Zum anderen ist eine Mindesttemperatur über einen gewissen Zeitraum erforderlich. Dabei geht man in der Regel vom Prinzip des HTST (= high temperature, short time) aus, da es schonender für das Getränk ist, bei höheren Temperaturen und dafür bei kürzeren Heißhaltezeiten zu erhitzen.
Bei Nasskonserven ist es der entscheidende Faktor für die thermische Haltbarmachung und die Abfüllbedingungen. Die Einteilung der Pasteurisation bzw. Sterilisation erfolgt in drei pH-Bereiche:
Schwachsaure bis neutrale Lebensmittel (pH = 4,5-7,0) wie vegane Drinks, Milch, Gemüse, Fleisch, Fisch, Fertiggerichte. Leitkeime sind sporenbildende, mesophile, anaerobe Bakterien;
Saure Lebensmittel (pH = 4,0-4,5): Äpfel, Tomaten, Birnen, Fruchtsäfte.
Sporen können unterhalb eines pH-Wertes von 4,5 nicht mehr auskeimen.
Säureresistente Bakterien, Hefen und Schimmelpilze sind wärmeempfindlich und leicht abzutöten; Leitkeim bei der Pasteurisation ist häufig die Hefe und bei der Sterilisation sind die Leitkeime Bacillus coagulans (flat-sour-Verderb) und Byssochlamys fulva.
Stark saure Lebensmittel (pH < 4,0): Rhabarber, Beerenobst, Sauerkraut, Essigkonserven, Cola, Ketchup. Leitkeime wie oben, jedoch sind die MO durch den niedrigen pH-Wert noch thermolabiler! Letztere Feststellung ist wichtig und zugleich hilfreich für die Praxis.
Einfluss des pH-Wertes und des NaCl-Gehaltes auf den D-Wert von 107,2°C bei der Erhitzung von Clostridium botulinum-Sporen
Bei der Sterilisation muss im thermisch ungünstigsten Punkt eine Temperatur von über 100 °C über eine gewisse Zeit herrschen. In der Regel liegen die Temperaturen bei 105 bis 135 °C. Produkte, deren pH - Wert > 4,5 und / oder deren aw - Wert > 0,95 ist, werden sterilisiert, um die Haltbarkeit einer Voll- oder Tropenkonserve bei normaler Lagertemperatur (15 bis 35°C) zu erzielen.
Bei der Pasteurisation ist eine Kerntemperatur von unter 100°C (i.d.R. 70-95°C) notwendig. Die Pasteurisation dient nur zur Abtötung der vegetativen Keime. Für ein längerfristig haltbares Produkt muss deshalb der pH-Wert unter 4,5 liegen oder es ist eine Kühlung < 5°C nötig.
Die Kinetik der Mikroorganismenabtötung verläuft logarithmisch. Dazu hat man den sog. Destruktionswert eingeführt. Dieser D-Wert gibt die notwendige Zeit (in Sekunden oder Minuten) an, die bei einer bestimmten konstanten Temperatur benötigt wird, um 90 % der vegetativen Zellen oder Sporen einer bestimmten Keimart abzutöten. Die Lebendkeimzahl verringert sich dadurch um eine Zehnerpotenz, d.h. auf ein Zehntel ihrer ursprünglichen Anzahl.
Für den Sporenbildner Bacillus subtilis (Leitkeim für Hafer- und Sojadrinks) liegt der D-Wert bei etwa 60 sec Erhitzungsdauer mit einer Temperatur von 121,1°C.
Die Angabe erfolgt so: D121,1°C = 60 sec.
Die Die Abbildung zeigt, dass bereits geringe pH-Absenkungen die Erhitzungszeit deutlich verringern. Bei einem Salzgehalt von 0,5% und einer Absenkung von pH 6 auf 5,5 ist der D-Wert um 0,7 min geringer. Allerdings ergibt sich aus dem Diagramm auch eine kleine D-Wert Erhöhung bei 1% NaCl-Gehalt und einer Absenkung von pH 7 auf 6,5. Wie gesagt: die Haltbarmachung ist kompliziert.
Die Widerstandsfähigkeit von Mikroorganismen gegenüber der Erhitzung bildet sich im sog. z - Wert ab. Der z-Wert gibt die Temperaturgrade an, um die die Temperatur erhöht bzw. erniedrigt werden muss, wenn die gleiche Keimabtötung (nämlich 90 %) in einem Zehntel bzw. dem Zehnfachen der ursprünglichen Zeit erreicht werden soll.
In der einschlägigen Literatur ist der z-Wert = 8,9°C für Byssoclamis fulva zu finden und wird zusammen mit dem D-Wert in dieser Weise angegeben: D8,9°93,3° = 1 min.
Bei Sauerkonserven handelt sich um pasteurisierte Konserven mit einem pH < 4,5. Bei diesen pH-Werten können die Sporen der Bacillusarten und Clostridien nicht mehr auskeimen und müssen nicht berücksichtigt werden. Die widerstandsfähigsten Keime sind die Ascosporen von Byssochlamys fulva und deswegen der Leitkeim.
Zu beachten sind allerdings Abweichungen, die sich aus der Temperaturmessung ergeben. Nehmen wir an, der Pt100 hat die Genauigkeitsklasse B und es kommen noch Fehler durch äußere Wärmeeinwirkung und Kontaktkorrosion hinzu. Lassen wir die gemessene Temperatur um etwa drei Grad höher als die tatsächliche sein. Damit hat sich der Abtötungseffekt halbiert! Die Heißhaltezeit müsste also doppelt so lang sein. Für kritische Produkte ist das gar nicht gut.
Die thermische Haltbarmachung ist mit größter Sorgfalt zu planen und durchzuführen. Die Messungen der Parameter Temperatur und pH-Wert erfordern Genauigkeit und ständige Überprüfung der Messgeräte. Für die Beurteilung der ausreichenden Hitzebehandlung ist der gesamte Pasteurisations- und Sterilisationseffekt auf den Leitkeim entscheidend.
Literaturtipp
Thermische Konservierung in der Lebensmittelindustrie; G. Hartwig, H.P. Skrobisch
In einem weiteren Artikel geht zeigt der Autor Thomas Birus auf, welchen Einfluss die Temperaturmessung auf die thermische Haltbarmachung hat.
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